E-Learning Gesang

YouTube als Plattform für Musiklernen

(Auszug aus E-Learning im Umfeld der Gesangspädagogik. Chancen & Grenzen videobasierter Unterrichtsformen, Bachelorarbeit von Michelle Morgenstern )

YouTube ist eine Online-Videoplattform, auf der seit 2005 unkommerzielle und kommerzielle Videos einem breiten Publikum kostenlos zur Verfügung gestellt werden können. Über eine Milliarde Menschen, also mehr als ein Drittel aller Internetnutzer verwenden YouTube, um das breite Angebot an Videos zu verschiedenen Themen wie Musik, Sport, Film und Unterhaltung, Technologie, Nachrichten und Politik sowie unzähligen anderen Themenbereichen. Mit 76 Sprachen steht das Portal 95 Prozent aller Internetnutzer zu Verfügung (vgl. Statistika).

Auch im Umfeld der Instrumental- und Gesangspädagogik ist YouTube ein rege genutztes Medium. Je nach gewähltem Suchbegriff ist einer Trefferzahl von mehreren Tausend Ergebnissen zu erwarten. Häufig genutzte Suchbegriffe sind dabei das jeweilige Instrument, Lesson (Unterricht), Tutorial, Learn (lernen), How to play (wie spielt man) sowie die deutschsprachigen Entsprechungen. Die größte Ergebniszahl liefert jedoch die englischsprachige Suche. Im Gegensatz zu kostenpflichtigen E-Learning-Angeboten, die im vorherigen Kapitel grob umrissen wurden, ist die Nutzung von YouTube-Videos kostenlos. Beweggründe auf dieses Medium zur musikalischen Weiterbildung zurückzugreifen, sind vor allem die große Auswahl zu mannigfaltigen Themenbereichen, die mobile Nutzbarkeit, z.B. auf dem Smartphone und die Möglichkeit, sich mit anderen Nutzern und den Bereitstellern (Uploader) der Videos über die Kommentarfunktion auszutauschen. So können u.a. konkrete Fragen zu Lehrinhalten an den Uploader gestellt werden. Auch ohne Notenkenntnisse können interessierte Zuschauer mit Hilfe von Tutorials und Kursen lernen, ihre Lieblingsstücke selbst auf ihrem gewählten Instrument zu spielen. Grundsätzlich kann zwischen zwei verschiedenen Darbietungsformen unterschieden werden. So existieren Kanäle, die hauptsächlich Videos zu einem speziellen Thema wie z.B. zum Gebrauch des Haltepedals beim Klavierspiel (vgl. Forschbach, 2015) und solche, in denen Schritt für Schritt Fähigkeiten am Instrument aufgebaut werden. Die Inhalte der Kanäle reichen von Gehörbildung, dem Erlernen der Notenschrift und basalen theoretischen Kenntnissen über die Arbeit an spieltechnischen Details, Literaturarbeit bis hin zu Tipps, wie mit Lampenfieber vor einem Konzert umzugehen ist und richtet sich dabei an ein breites Publikum vom absoluten Novizen bis zum Experten.

Der Unterrichtsaufbau unterscheidet sich stark von Video zu Video und hängt nicht zuletzt vom zu vermittelnden Inhalt und dem jeweiligen Instrument ab. In den meisten Fällen ist jedoch in den ersten Minuten eine Art Initialphase erkennbar, in der monologisierend einige grundlegende Informationen zum Lehrer und dem Lerngegenstand gegeben werden, bevor im Sinne der Modell-Methode (vgl. Ernst, 2012) das Lernen auf Basis der Imitation angeleitet wird. Was fehlt ist das Feedback für den Schüler, das ohne Kommunikation nicht stattfinden kann. Beispiele, wie das Modelllernen stattfinden kann, sind in den folgenden Kapiteln beschrieben. Den Abschluss einer Lernsequenz bildet in der Regel die Aufforderung des Lehrers an die Zuschauer, in Eigenregie mit den neuen Kenntnissen zu experimentieren, im Fall von Fragen unterhalb des Videos zu kommentieren und den Kanal zu abonnieren, um keine neuen Videos mehr zu verpassen.

Auch hinsichtlich der technischen Gestaltung, gibt es große Unterschiede. Verschiedene Kameraperspektiven bieten dem Lehrer die Möglichkeit, genau die Aspekte vorzuführen, die er selbst als beachtenswert empfindet. Die am häufigsten genutzte Einstellung ist die Normalsicht, welche den Lehrer frontal mit seinem Instrument zeigt. Eine Abwandlung dessen bildet die Vogelperspektive, die häufig von Pianisten genutzt wird. In dieser Variante ist nur die Klaviatur mit den Händen des Lehrers sichtbar. Die meisten visuellen Eindrücke bietet die Verwendung des Split-Screens, welcher die Chance bietet, möglichst viele Details zur gleichen Zeit zu sehen. Im Fall des Gitarrenunterrichtes kann so die linke Hand am Griffbrett, die Fingerstellung dieser Hand im Detail, die Bewegungsabläufe des rechten Arms und der Hand und eine Komplettansicht vom Spieler gesehen werden. Optional können Harmonien, Tabulaturen oder ganze Partiturausschnitte parallel verfolgt werden.

Die Nutzung der Videoplattform birgt jedoch auch potentielle Probleme. Neben den technischen Voraussetzungen, wie einer stabilen Internetverbindung, müssen Nutzer ein Mindestmaß an Medienkompetenz aufweisen, um unter tausenden von Videos die Inhalte zu finden, die sie benötigen. Damit ist nicht nur gemeint, die richtigen Suchbegriffe zu wählen, sondern auch danach eine Auswahl zu treffen. Es kann nicht sichergestellt werden, dass Kanäle mit vielen Abonnenten und Aufrufzahl auch qualitativ hochwertige Bildungsangebote liefern. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass prinzipiell jeder ein Video hochladen kann, um anderen Menschen das Spielen eines Instrumentes nahezubringen. Informationen zum professionellen Werdegang der Uploader sind nicht verpflichtend und erschweren somit die Beurteilung der Seriosität gewählter Inhalte.

Quellen und Literatur

  • Statistika. (kein Datum). Abgerufen am 02. 08 2018 von Das Statistik-Portal: https://de.statista.com/themen/162/youtube/

  • Forschbach, T. (2015). YouTube. Abgerufen am 06. 08 2018 von Einsatz des Haltepedals: https://www.youtube.com/watch?v=KE4HLUacnvY

  • Ernst, A. (2012). Lehren und Lernen im Instrumentalunterricht. Ein pädagogisches Handbuch für die Praxis. Mainz: Schott.